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Sieben Perspektiven zur freien Schulwahl

Man kann das Bildungswesen und das Thema Schulwahl aus ganz verschiedenen Perspektiven betrachten. Bei den folgenden 7 Perspektiven zur freien Schulwahl erweist sich die Einführung einer freien Schulwahl als dringend angezeigt.

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Perspektive der Kinder

Perspektive der Kinder

Die Kinder sind in ihrer Entwicklung und ihren Begabungen zu verschieden, als dass sie alle mit einem einzigen Schulmodell gut gefördert werden können. Es braucht verschiedene Modelle und die Wahl eines geeigneten Modells.

Im internationalen Leistungsvergleich (PISA) steht unser Bildungssystem verhältnismässig gut da. Mit Recht können wir stolz sein auf unser duales System im nachobligatorischen Bereich. Der relative Erfolg verleitet aber leider dazu, die Grenzen unseres Systems zu ignorieren. Es gibt deutliche Anzeichen für die Existenz von solchen Grenzen. Hier seien Einige genannt:

Sitzen bleiben: Das verlorene Schuljahr

Gemäss einer Studie der Uni Freiburg repetiert in der Schweiz fast jedes fünfte Kind ein Schuljahr. Umfangreiche Studien zeigen indessen, dass solche Massnahmen in der Regel dem Kinde nichts bringen. Ein Repetent kostet aber in der Schweiz den Staat ca. 24’000 Franken.

5000 Schulabbrecher pro Jahr

Eine weitere Studie der Uni Freiburg (Margrit Stamm) hat gezeigt, dass in der Schweiz jedes Jahr ca. 5’000 Jugendliche frustriert die Schule abbrechen. Das sind über 5% der Schüler eines Jahrgangs. Die unzureichende Schulbildung von rund 20% der Schulabgänger – nicht nur von Schulabbrechern – kostet unsere Gesellschaft jährlich hunderte von Millionen Franken.

Zunehmende Heterogenität

Der ehemalige Professor für Wirtschaftspädagogik und HSG-Rektor Rolf Dubs äusserte sich in einer Tageszeitung zur Frage, wie sich der Lehrberuf verändert hat, wie folgt:  „Er ist ungeheuer anspruchsvoll geworden. Ich kann das selber beurteilen, weil ich noch immer hin und wieder Stellvertretung mache für meine Tochter, um den Kontakt zur Praxis nicht zu verlieren.

 

Vor allem die Heterogenität der Klassen macht den Lehrerinnen und Lehrern zu schaffen. Deshalb wird die Überbeanspruchung gerade für die gewissenhaften Lehrpersonen in Zukunft zum grossen Problem werden“.

Therapiewahn

Heute wird noch versucht, die genannte Heterogenität mit teuren sonderpädagogischen Massnahmen in den Griff zu bekommen. Wenn im Kanton Zürich über 50% der Primarschüler zeitweise solche Massnahmen benötigt, um einigermassen über die Runden zu kommen und der Kanton dafür jährlich ca. 400 Mio. Franken aufwendet, sollte ernsthaft nach neuen Wegen gesucht werden.

Notwendige Diversifizierung des öffentlichen Bildungswesens

All dies zeigt: Die an unser Schulsystem geknüpfte Erwartung, allen Kindern eine optimale Schulbildung zu vermitteln, kann nicht erfüllt werden. Eine erhebliche Minderheit fällt gewissermassen „zwischen Stuhl und Schulbank“. Der Grund dafür liegt nicht in einer mangelhaften Qualität unserer Schulen, sondern in der sehr unterschiedlichen Entwicklung und Begabung der Kinder. Entsprechend verschieden sind auch ihre Bildungsbedürfnisse.

 

Ebenso wenig wie ein Schuhmodell für alle Füsse passt, kann ein Schulmodell den Bildungsbedürfnissen aller Kinder gerecht werden. Es braucht dazu Schulen mit verschiedenen pädagogischen Konzepten und Schwerpunkten. Während beispielsweise viele Kinder in einem Modell mit vorwiegend Frontalunterricht sich gut entwickeln, gibt es andere, die in einem Modell mit selbst gesteuertem Lernen sich dank individuellem Lerntempo besser entfalten können. In einem vielfältigen Bildungssystem, in dem jedes Kind eine ihm entsprechende Schule besuchen kann, erübrigen sich viele der teuren sonderpädagogischen Massnahmen.

Freie Schulwahl

In einigen grösseren Gemeinden gibt es bereits heute staatliche Schulen mit verschiedenen Profilen. Beispiel: Wil SG. Ferner gibt es manche nichtstaatliche Schulen mit alternativen Konzepten. Beispiele: Montessori- und Steiner-Schulen. Doch eine Vielfalt von Schulmodellen nützt nichts, wenn die Kinder, bzw. ihre gesetzlichen Vertreter, die Eltern, nicht eine für sie geeignetes Modell wählen können. Nichtstaatliche Schulen, welche wie die staatlichen Schulen alle Kinder unentgeltlich aufnehmen möchten (sog. Freie Schulen), sollten deshalb mit einer Schülerpauschale öffentlich finanziert werden. Die Erfahrungen vieler Länder mit freier Schulwahl zeigen: Die grosse Mehrheit der Eltern wählt die nächstgelegene Schule. Auch bei einer freien Schulwahl wird die heute vom Staate zugewiesene Schule die Regelschule bleiben. Manche Kinder werden aber bessere Entwicklungsmöglichkeiten finden.

Perspektive der Eltern

Pespektive der Eltern

Die Eltern tragen die Gesamtverantwortung für das Wohl ihres Kindes – auch in der Schule. Um diese wahrnehmen zu können brauchen sie die Kompetenz, ohne bürokratische und finanzielle Hürden eine andere als die vom Staate zugewiesene Schule wählen zu können.

Die Eltern haben im heutigen Bildungswesen eine prekäre Stellung. Als nächste Bezugspersonen sind sie am stärksten konfrontiert mit allfälligen Schulproblemen ihres Kindes. Mögliche Probleme  sind u. a. Mobbing, gestörte Lehrer-Kind-Beziehung, Überforderung. Diese können bei längerer Dauer zu gesundheitlichen Störungen, ja sogar zu Suizidgedanken führen. Wenn in der Folge die Eltern ihre Sorgen um das Wohl ihres Kindes der Lehrperson oder der Schulbehörde gegenüber eröffnen, stossen sie nicht selten auf taube Ohren (wir haben dazu eine Sammlung von über zehn Leidensgeschichten).

Hinter der abweisenden Haltung von Schulbehörden stecken oft finanzielle Gründe und die Angst vor Präzedenzfällen. In einem solchen Interessenkonflikt fühlen sich die Eltern ohnmächtig. Die Verantwortung, die sie als gesetzliche Vertreter ihres Kindes haben, können sie ja nur wahrnehmen, wenn sie entsprechende Handlungskompetenzen haben. Konkret: Wenn ein Kind über längere Zeit ein ungünstiges Lernumfeld hat, sollten sie die Möglichkeit haben, ohne bürokratische und finanzielle Hindernisse die Schule zu wechseln. Mit der freien Schulwahl erhalten die Eltern die rechtliche Stellung im Bildungswesen, welche zur Wahrnehmung ihrer Verantwortung notwendig ist.

Perspektive der Lehrpersonen

Pespektive der Lehrpersonen

„Das Verhältnis zwischen Schule und Elternhaus ist seit Beginn der Schulpflicht von Konflikten durchdrungen. Doch der Bildungserfolg setzt eine gute Zusammenarbeit zwischen Lehrpersonen, Schulbehörden und Eltern voraus“, sagt Doris Edelmann, Leiterin des Instituts „Bildung und Gesellschaft“ an der Pädagogischen Hochschule St. Gallen1. Mit einer Elternarbeit sollen deshalb die Schulen versuchen die Eltern „ins Boot zu holen“.

Doch die „Elternarbeit ist zum Problem geworden. Es ist kein offener Brand, aber es schwelt“, sagt die Vertreterin eines kantonalen Lehrerverbands in einem Artikel der Zeitschrift „BILDUNG SCHWEIZ“. Die Elternarbeit werde „als sehr herausfordernd, oft schwierig und wenig unterstützend“ erlebt. Die Lehrpersonen würden von den Eltern mehr Respekt und Vertrauen in ihre Arbeit erwarten. Hinter diesen Aussagen versteckt sich ein grundsätzliches Problem unseres Bildungssystems: Mit einer guten Elternarbeit kann man zwar Respekt, Vertrauen und Verständnis zu einem gewissen Grade fördern. Erzwingen kann man diese Haltung aber nicht. Es wird stets ernsthafte Gründe geben für divergierende Vorstellungen von Lehrpersonen und Eltern und von daraus resultierenden Konflikten. Einer der Gründe wurde im Artikel genannt: Unterschiedliche „Wertesysteme und Lebenssituationen“.

Der erwähnte „Brand“ wird so lange weiter schwelen, als man festhält an der vom Staate arrangierten Zwangspartnerschaft zwischen Schule und Eltern. Eine von den Eltern frei gewählte Partnerschaft würde wesentlich beitragen zu einem entspannteren Verhältnis zwischen Lehrpersonen und Eltern. In einem System mit freier Schulwahl könnten Lehrpersonen allzu fordernde Eltern auch mal darauf hinweisen, dass sie die Möglichkeit haben, eine andere Schule zu wählen, wenn sie nicht zufrieden sind.

Perspektive des Rechtes

Perspektive des Rechtes

Allg. Erklärung der Menschenrechte der UNO:

Art. 26, Abs. 3: „Die Eltern haben ein vorrangiges Recht, die Art der Bildung zu wählen, die ihre Kinder erhalten sollen“.

Europäische Menschenrechts-Konvention (EMRK), 1. Zusatzprotokoll:

Artikel 2  –  Recht auf Bildung: „Das Recht auf Bildung darf niemandem verwehrt werden. Der Staat hat bei Ausübung der von ihm auf dem Gebiete der Erziehung und des Unterrichts übernommenen Aufgaben das Recht der Eltern zu achten, die Erziehung und den Unterricht entsprechend ihren eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen sicherzustellen.“

Nur die Schweiz und Monaco haben dieses Menschenrecht bisher nicht ratifiziert.

Bedeutung dieser Rechte:

Menschenrechte sind solche Rechte, die allein auf Grund der Eigenschaft „Mensch zu sein“, also auch unabhängig von den finanziellen Verhältnissen, in Anspruch genommen werden können. Es genügt also nicht, den Eltern ein bloss formales Recht zuzugestehen, eine andere als die vom Staate zugewiesene Schule wählen zu können. Es muss auch für alle Menschen finanziell ermöglicht werden, z. B. mit einer staatlich finanzierten Schülerpauschalen. Die genannten Menschenrechte sind daher in der Schweiz noch nicht gewährleistet.

Perspektive der Wirtschaft

Perspektive der Wirtschaft

Im Artikel „Bildung schafft Wohlstand“ zeigt der renommierte Bildungsökonom Ludger Wössmann anhand internationaler Vergleichsstudien, wie ein starker Zusammenhang besteht zwischen dem Wirtschaftswachstum und den Bildungsleistungen der Länder: Je besser die Bildungsleistungen, desto höher das Wachstum und das Pro-Kopf-Einkommen, also der Wohlstand.

Nebst guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hat also die Bildungspolitik einen entscheidenden Einfluss auf den Wohlstand eines Landes. Die Bildungspolitik von heute bestimmt wesentlich den Wohlstand von morgen. Die im genannten Artikel angegebene Grafik zeigt, dass die Schweiz bei der Bildungsleistung und dem Wirtschaftswachstum (nur) im Mittelfeld von 59 Ländern rangiert.

Damit stellt sich die Frage, wie sich bessere Bildungsergebnisse erreichen lassen. Die Antwort der Bildungsforschung lautet: Nicht in erster Linie, indem man mehr Geld in das Schulsystem hineinsteckt, sondern durch

  1. Externe Abschlussprüfungen;

  2. Grössere Schulautonomie;

  3. Wettbewerb zwischen den Schulen durch freie Schulwahl;

  4. Offenen Zugang für alle Schüerinnen und Schüler zu den alternativen Schulen durch öffentliche Finanzierung.

Es liegt nun an der Bildungspolitik, mit einer Umsetzung dieser Erkenntnisse günstige Voraussetzungen zu schaffen für eine prosperierende Schweiz der Zukunft. Wenn wir, wirtschaftlich gesehen, auch noch in 20 Jahren in der Champions League spielen wollen, tun wir gut daran, auch im Bildungswesen einen gewissen Wettbewerb zuzulassen.

Diagramm Bildungsleistung erklärt Wirtschaftswachstum

Perspektive der Gesellschaft

Perspektive der Gesellschaft

Von Erwin Ogg, Jona (NZZ vom 23.01.2001, Beilage "Bildung und Erziehung")

In der ersten Hälfte des vergangenen Jahrzehntes fand eine lebhafte Debatte zur Liberalisierung des Bildungswesens statt. Für eine Liberalisierung wurden damals fast ausschliesslich ökonomische Gründe angeführt. Andere, mindestens so wichtige Aspekte traten dabei in den Hintergrund. In den folgenden Ausführungen möchte ich versuchen, auf einzelne dieser Aspekte einzugehen und schliesslich einen Vorschlag für ein liberaleres Bildungswesen zu formulieren.

Ein Bildungswesen, das zeitgemäss sein will, hat sich stets auch der gesellschaftlichen Entwicklung zu stellen. So verlangten die Schaffung demokratischer Verhältnisse in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und die damit verbundene Gleichstellung aller Bürger vor dem Gesetz, dass alle Bürger über eine minimale Bildung verfügen, um die neuen Rechte und Pflichten wahrnehmen zu können. Dies rief nach Schulen, deren Unterricht obligatorisch und unentgeltlich ist und daher von allen Kindern besucht wird. Als Träger dieser Schulen bot sich naheliegenderweise der Staat an, der diese Schulen nicht nur finanzierte, sondern auch strukturell und inhaltlich bestimmte. Und so ist es bis auf den heutigen Tag geblieben.

 

Nun haben sich aber in den letzten Jahrzehnten die gesellschaftlichen Verhältnisse stark gewandelt. Eine zunehmende Individualisierung der Menschen und ein daraus sich ergebender Pluralismus machen sich in den verschiedensten Lebensbereichen bemerkbar, zum Beispiel auf religiös-weltanschaulichem Gebiete und, besonders augenfällig, in der Medizin. Galt früher die Schulmedizin als allein zuständig für die Kurierung fast aller Leiden, so steht heute den Patienten eine beinahe unübersehbare Fülle von therapeutischen Methoden zur Auswahl. Und viele machen auch Gebrauch davon!

Fehlender Pluralismus

Auch ein Bildungswesen, das den gesellschaftlichen Realitäten gerecht werden will, wird auf die Dauer nicht darum herumkommen, einen gewissen Pluralismus zu akzeptieren. Zwar haben sich im Schatten der staatlichen Schulen alternative Schulmodelle etabliert, wie zum Beispiel Montessori– und Waldorfschulen. Aber von einem wirklichen Pluralismus im Bildungswesen wird man erst dann sprechen können, wenn alle Bürger unabhängig von ihren finanziellen Verhältnissen die Möglichkeit haben, unter verschiedenen Bildungsangeboten zu wählen. Einen ersten Schritt in diese Richtung bilden staatliche Beiträge einzelner Kantone an die Ausbildung von Kindern in nichtstaatlichen Schulen.

Der Wunsch nach Wahlmöglichkeit im Bildungswesen wird umso verständlicher und dringender, je mehr man bedenkt, dass die Schule eine über die blosse Wissensvermittlung hinausgehende vielfältige Bildungs- und Erziehungsaufgabe hat. Es gibt eine grosse Palette von allgemein menschlichen Qualitäten und Fähigkeiten. Verschiedene Schulmodelle setzen je nach Schulkonzept und Unterrichtsmethoden bei der Ausbildung dieser Qualitäten und Fähigkeiten unterschiedliche Schwerpunkte. Da auch die Präferenzen der Eltern und die Bildungsbedürfnisse der Kinder sehr verschieden sein können, geht es nicht an, ein bestimmtes Schulmodell als allgemein verbindlich zu erklären. Werden Bildungsbedürfnisse von Eltern bzw. deren Kindern nicht oder nur ungenügend durch die staatliche Schule abgedeckt, so sollten diese Bedürfnisse nicht einfach leichtfertig als „Sonderwünsche“ abgetan werden, es sei denn, sie betreffen echte Mehrleistungen der Schule, zum Beispiel Betreuung der Kinder in der Freizeit oder Unterkunft und Verpflegung in Internaten.

Das staatliche Schulmonopol wird oft damit gerechtfertigt, dass die Staatsschule eine wichtige Integrationsfunktion erfüllt. Diese Aufgabe könnte bei geeigneten Rahmenbedingungen aber auch von nichtstaatlichen Schulen übernommen werden. Ich schlage zu diesem Zweck vor, den Begriff „öffentliche Volksschule“ auf folgende Weise neu zu definieren.

Der Begriff "öffentliche Volksschule"

Schulen mit staatlicher und nichtstaatlicher Trägerschaft werden rechtlich als öffentliche Volksschulen anerkannt und haben gleichermassen Anspruch auf finanzielle Mittel der öffentlichen Hand, wenn sie folgende Rahmenbedingungen erfüllen:|

  1. Sie sind nicht gewinnorientiert.

  2. Sie verpflichten sich, Schülerinnen und Schüler unabhängig von Geschlecht, Nationalität, Rasse oder religiösem Bekenntnis aufzunehmen.

  3. Sie verpflichten sich, zumindest in der Grundstufe, Schülerinnen und Schüler unabhängig von ihren Begabungen aufzunehmen.

  4. Sie verpflichten sich, Schülerinnen und Schüler unabhängig von den finanziellen Verhältnissen ihrer Eltern aufzunehmen.

  5. Löhne und Anstellungsbedingungen bei nichtstaatlichen Schulen, dürfen die Standards der
    entsprechenden staatlichen Schulen nicht überschreiten.

Diese Bedingungen wären allenfalls noch durch weitere zu ergänzen, zum Beispiel durch Minimalstandards bezüglich der Bildungsziele, Transparenz der Bildungsziele und -methoden nach aussen. Man beachte, dass innerhalb des öffentlichen Bildungswesens mit der Abkehr von der staatlichen Monokultur nicht nur für die Eltern eine gewisse Wahlmöglichkeit entsteht, sondern auch für die Lehrkräfte. Dies dürfte sich positiv auswirken auf die Attraktivität des Bildungswesens als Arbeitsfeld, die ja in den letzten Jahren aus verschiedenen Gründen gelitten hat.

Wie jede Neuerung gibt auch eine im obigen Sinne gemeinte Liberalisierung des Bildungswesens (welche nicht mit einer Privatisierung gleichgesetzt werden darf!) Anlass zu Einwänden und Befürchtungen. Es ist hier nicht der Ort, auf alle diese Einwände einzugehen. Hingegen möchte ich vermerken, dass mit Rahmenbedingungen wie den oben genannten das Entstehen amerikanischer Verhältnisse, d. h. einer Zweiklassengesellschaft im Bildungswesen, vermieden werden kann. Dies bestätigen auch langjährige Erfahrungen in Holland, Dänemark und Schweden. In Schweden hat eine 1994 gemachte Untersuchung gezeigt, dass nur 10 Prozent der Eltern vom Recht auf freie Schulwahl Gebrauch gemacht haben. In der Schweiz, in der die Staatsschule nach wie vor einen guten Ruf besitzt, dürfte der entsprechende Prozentsatz kaum höher ausfallen. Eine Abwanderung grossen Stils zu alternativen Schulen ist daher nicht zu befürchten. Dieselbe Untersuchung hat aber auch gezeigt, dass 85 Prozent der schwedischen Eltern das Recht auf freie Schulwahl als sehr wichtig einstufen.

Perspektive der Bildungspolitik

Perspektive der Bildungspolitik

Unser heutiges Bildungssystem behindert, ja verunmöglicht oft die Innovation und damit eine zukunftsträchtige Fortentwicklung des Bildungswesens. Gründe:

  1. Ein Monopol hemmt die Innovation im Bildungswesen ebenso wie in der Wirtschaft.

  2. Wesentliche Neuerungen werden oft durch politische Mehrheiten abgeblockt oder rückgängig gemacht. Beispiele: Basis- bzw. Grundstufe in den Kantonen ZH und SG, andere Beurteilungsformen an Stelle von Noten. Bei den politischen Entscheidungen bilden zudem die unmittelbar betroffenen Kreise, Eltern und Lehrer, eine kleine Minderheit der Stimmberechtigten.

  3. Von oben verordnete Reformen sind zum Scheitern verurteilt, wenn sie nicht von der Lehrerschaft mit innerer überzeugung umgesetzt werden.

Wer ein innovationsfreudigeres Bildungswesen wünscht, wird eine gewisse Liberalisierung desselben in Kauf nehmen müssen:

  1. Nicht von oben verordnete Reformen, sondern freie Initiativen „von unten“, also von engagierten Schulen und Lehrkräften führen zu einem wirklich innovativen Bildungswesen. Dazu brauchen die Schulen genügend Autonomie, d. h. Freiräume, um ein eigenständiges Profil entwickeln zu können. Mit der in den Schulgesetzen vorgesehenen Teilautonomie der Schulen ist dies bereits heute in erheblichem Umfange möglich, wie die preisgekrönten Oberstufenschulen in Wädenswil und das Allee-Schulhaus in Wil SG zeigen. Damit solche Freiräume auch genutzt werden und dadurch viel Innovation im Bildungswesen ausgelöst wird, braucht es aber einen starken Anreiz:

  2. Ein pädagogischer Wettbewerb zwischen verschiedenen Schulmodellen.
    Ein solcher entsteht aber nur, wenn die Bildungsnachfrager, d. h. die Kinder bzw. ihre Eltern, unter verschiedenen Modellen wählen können. Schulpreise erzeugen alleine noch keinen wirkungsvollen Wettbewerb. Es braucht dazu die freie Schulwahl

  3. Der pädagogische Wettbewerb und damit die Innovation kann wesentlich gefördert werden durch den Einbezug von Schulen mit privatrechtlicher Trägerschaft. Dazu bedarf es aber gleich langer Spiesse zwischen diesen und den staatlichen Schulen. Nichtstaatliche Schulen, welche wie die staatlichen Schulen bereit sind, alle Kinder unentgeltlich aufzunehmen, sollten mit einer Pro-Kind-Pauschalen öffentlich finanziert werden. Solche sogenannten „Freie Schulen“ gibt es in manchen Ländern Europas und den USA (Charter Schools).

  4. Wie kann eine Liberalisierung erreicht werden? Die Abstimmungen zu Schulwahl-initiativen in mehreren Kantonen haben gezeigt, dass eine flächendeckende Einführung der Schulwahl vorläufig nicht mehrheitsfähig sein wird. Es empfiehlt sich daher, ein Pilotprojekt in einer kleineren Region (z. B. in einem Bezirk oder Wahlkreis) oder auch nur in einer grösseren Gemeinde mit mehreren Schulzentren durchzuführen (Beispiele s. unten). Diese Region bzw. Gemeinde könnte dann die Wahlmöglichkeit als Standortvorteil anpreisen. Initiativen „von unten“ führen nicht nur auf der Ebene der einzelnen Schulen zu Innovation sondern auch im Bildungssystem als Ganzem.

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