Leserbrief zu Schulsystem aus vorletztem Jahrhundert
Tagesanzeiger, 10.3.2021
Geld für funktionale Analphabeten – Hilfe für jene 140'000 im Kanton, die weder lesen noch schrieben können Tages-Anzeiger
Geld für funktionale Analphabeten
Hilfe für jene 140’000 im Kanton, die weder lesen noch schreiben können
Im Kanton Zürich verursacht der funktionale Analphabetismus pro Jahr 224 Millionen Franken Folgekosten. Der Kantonsrat spricht nun Geld für ein Hilfsprogramm.
Leserbrief vom 22.3.2021 im Zürcher Oberländer
(derselbe Leserbrief ist auch erschienen im Tagesanzeiger und in der Zürichsee-Zeitung)
Schulsystem aus vorletztem Jahrhundert
„140 000 Menschen im Kanton Zürich fehlt es an Grundkompetenzen“, Ausgabe vom 10. März
Schon frühere Studien haben gezeigt, dass ein hoher Prozentsatz der Menschen, welche neun Jahre Volksschule durchlaufen haben, funktionale Analphabeten sind. Bedenklich in einem Land, das nach Luxemburg europaweit die höchsten Bildungsausgaben pro Kopf aufweist. Verzweifelt wird nun versucht, die klaffenden Bildungslücken dieser Menschen mittels „Lernstuben“ zu stopfen.
Dabei haben internationale Vergleichsstudien mit 59 Ländern gezeigt, wie sich bessere Bildungsleistungen erreichen lassen: Nicht in erster Linie, in dem man mehr geld in das Schulsystem hineinsteckt, sondern durch folgende Massnahmen: 1. externe Abschlussprüfungen, 2. grössere Schulautonomie, 3. Wettbewerb zwischen den Schulen durch freie Schulwahl, 4. offener Zugang für alle Schüler zu alternativen Schulen durch öffentliche Finanzierung, sogenannte Freie Schulen. Es ist höchste Zeit, das strukturell aus dem vorletzten Jahrhundert stammende Schulsystem mit dem (staatlichen) Monopol eine Schulmodells im öffentlichen Bildungswesen kritisch zu hinterfragen.
Erwin Ogg, Raperswil-Jona
„140 000 Menschen im Kanton Zürich fehlt es an Grundkompetenzen“. In der Schweiz geht man von 800’000 Menschen aus, die Schwierigkeiten haben mit Lesen und Schreiben. Eine grosse Herausforderung für das Volksschulsystem: 20% der Schulabgänger/innen verfügen über ungenügende Kompetenzen in Lesen und Schreiben. Lernstuben sind gut gemeint, das Problem kann so nicht gelöst werden. Zu hoch sind Lernwiderstände betroffener Erwachsener. Ein Land, das den Prozentsatz Betroffener bei Schulende auf 5% reduzieren kann, ist Finnland. Ein Bildungssystem, das bereits vor Schulbeginn Kinder aus unterschiedlichen sozialen Schichten begleitet und fördert, mit dem Ziel, sozial bedingte Unterschiede anzugleichen. In der Schweiz als Forderung leider nur in der Bundesverfassung vorhanden. Eine Gemeinschaftsschule für alle, ohne selektive Stufe, dafür mit innerer Differenzierung auch auf der Oberstufe. Mit menschlichen Grundhaltungen, die wir bei uns kaum kennen: Jedes Kind ist wichtig, ein Kind darf niemals beschämt werden, kein Kind darf auf der Strecke bleiben. Ohne entsprechende Haltungsänderungen der Öffentlichkeit, werden wir weiterhin eines der besten, jedoch auch eines der ungerechtesten Bildungssysteme haben.