Yves Rossier Sonderschüler Integration Segregation

Die Schweiz hat das segregativste Schulsystem Europas

Der Direktor des Bundesamts für Sozialversicherungen, Yves Rossier, macht sich für die Integration von auffälligen Kindern in Regelklassen stark. Die Integration führe nicht zu schlechten Schulen, sondern sei besser für alle Kinder, sagte er in der „NZZ am Sonntag“.

„Sonderschüler von heute sind IV-Rentner von morgen“ – sagt Yves Rossier und vergleicht das segregative Schweizer Schulsystem mit Apartheid.

Mit dem heutigen Schulsystem in der Schweiz geht Rossier hart ins Gericht: „Die Schweiz hat das segregativste Schulsystem Europas„, sagte er. Jean-Marc Crevoisier, Sprecher des Eidg. Departements des Innern (EDI), bestätigte am Sonntag Rossiers Aussagen. Je nach Kanton bestünden allerdings grosse Unterschiede, hielt Rossier fest. „Geht ein Kind im Tessin in die Regelklasse, gilt das gleiche Kind in Baselland als behindert und wird gesondert geschult.“Rossier kritisiert die uneinheitliche Beurteilung der Kinder: Es könne doch niemand behaupten, in Baselland gebe es viermal mehr behinderte Kinder als im Tessin. Gemäss Angaben des Bundesamts für Statistik gehen in Baselland über acht Prozent der Schulkinder in Sonderklassen. Der Kanton Tessin hingegen kennt gar keine Sonderklassen.

„Riecht nach Apartheid“

Besonders schwer haben es gemäss Rossier die ausländischen Kinder: Das Risiko für ausländische Kinder, separiert zu werden, sei überall höher. „Das riecht nicht nur nach Segregation, sondern nach Apartheid“, kritisierte er. An Schweizer Schulen werde die Staatszugehörigkeit zur Behinderung. Diese Entwicklung stört Rossier auch, weil die Schulen die Weichen fürs spätere Leben stellten. „Sonderschüler von heute sind IV-Rentner von morgen“, sagte er.

Eltern, Schulen und Organisationen schuld

Verantwortlich für die Desintegration von behinderten oder auffälligen Kindern macht der Direktor des Bundesamts für Sozialversicherung verschiedene Kräfte: Eltern, die sich für ihr behindertes Kind einen geschützten Rahmen wünschten oder die ihr Kind nicht mit verhaltensauffälligen Kindern in die Schule schicken wollten; Schulen, die sich von störenden Kindern entlasten wollten oder Behinderten-Institutionen, die um ihre Pfründen fürchteten. Einen Lösungsansatz hat Rossier ebenfalls parat: Sonderpädagogen sollten nicht in Heimen, sondern in öffentlichen Schulen arbeiten, fordert er.

(sda 23.01.2011)

2 Kommentare
    • elternlobby schweiz
      elternlobby schweiz sagte:

      Leider hat die Schweiz ein vergleichsweise sehr segregatives Schulsystem. Deshalb fordern wir die Schulwahl mit spezifischen Förderprogrammen für Schulen. Dies würde der Seggregierung Abhilfe schaffen und mehr Chancengerechtigkeit ins Schweizer Bildungssystem bringen. Danke für Ihre Unterstützung.

      Antworten

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